Georg Tanner und sein Tarot

 

Georg Tanners Ermittlungsmethodik umfasst nicht nur minutiöse, klassische Polizeiarbeit, gepaart mit modernen wissenschaftlichen Methoden, Menschenkenntnis und viel, viel, viel Geduld. Als einer der wenigen Krimi-Polizisten verwendet er auch "komplementäre" Ermittlungsmethoden. Er besitzt ein Tarot-Spiel, das offensichtlich gewisse magische Fähigkeiten hat. Weshalb - um aller Gottheiten Willen - habe ich ihm ein solches Hilfsmittel zur Seite gestellt?

Es hat mich gereizt, meinem mehr oder weniger realistischen Krimi ein dezentes Fantasy-Element - eine kleine Prise Magie - beizufügen. Es sollte allerdings keineswegs das dominierende Element der Geschichte werden, sondern - objektiv gesehen - lediglich eine Hintergrundrolle spielen, einfach als eine "Möglichkeit" in Erscheinung treten.

Der Glaube an übernatürlich Kräfte - welcher Art auch immer - ist ein ur-menschliches Ding. Wer von uns ist sich denn absolut sicher, dass es keine solchen Kräfte gibt? Wer horcht nicht auf (auch wenn mensch es sich selbst nicht eingestehen will), wenn der dreizehnte Tag eines Monats auf einen Freitag fällt? Klar, dieses okkulte Zeug, Horoskope, Handleserei, Kartenlegen etc. ist alles Quatsch! Aber dennoch, aber dennoch ... so ganz sicher ist man sich dann doch nicht. Nicht wahr? Mich fasziniert, dass auch in unserer säkularisierten und technisierten Welt bei vielen Menschen das Magisch-Mythische einen gewissen Stellenwert besitzt. Wieso sonst sollten sich Bücher wie z.B. die Harry Potter-Bücher oder die Scheibenwelt-Romane von Terry Pratchett so grosser Beliebtheit erfreuen?

Aber wieso ausgerechnet Tarot? Wahrscheinlich sind es die bunten Bilder, die einem, wenn man sie betrachtet, spontan so voller Symbolik erscheinen und sofort - fast von selbst - beginnen, Geschichten zu erzählen. Und dann natürlich auch der Mythos, welcher diese 78 Karten seit jeher umgibt. Diese "Möglichkeit", mit ihrer Hilfe die Zukunft ergründen zu können.

Als schliesslich der Entschluss gefasst war, Tanner Tarotkarten zu geben, habe ich mich mit dem Thema vertiefter befasst. Wenn man über die Geschichte des Tarot und die Bedeutung der einzelnen Karten liest, wird einem schnell klar, dass es sich dabei um aus dem ur-menschlichen gewachsenen Bilder handelt (ganz ähnlich wie bei den Figuren der Commedia dell'Arte), die deshalb auch einen gewissen Wert in der modernen Psychotherapie haben können. Klar, jeder Mensch ist ein Individuum, aber jeder von uns besteht in seiner Persönlichkeit aus eine grossen Anteil solch archetypischer Grundeigenschaften. Viele unserer Erlebnisse und Bedürfnisse sind den anderen Menschen ebenso bekannt und zu eigen. Das galt auch für diejenigen Menschen, die aus diesen allgemein-menschlichen Elementen die Tarotkarten und ihre Deutung und Mystik aufgebaut haben. Kein Wunder, dass man sich und seine Lebenssituationen bis zu einem gewissen Grad in den Karten wiederfinden kann.

Aber ich will mich hier nicht als Tarot-Kenner aufspielen, denn das bin ich nach wie vor keineswegs. Wer mehr zu diesem Thema wissen will, dem sei die Website von Hajo Banzhaf empfohlen. Ich möchte ihm an dieser Stelle auch persönlich danken, denn er hat diejenigen Stellen von Kaffeeklatsch gelesen, in denen das Tarot auftaucht, und mir wertvolle Feedbacks zu meinem Umgang mit den Karten und Ergänzungen zu ihrer Geschichte gegeben.

 

Georg Tanners Umgang mit den Tarotkarten

 

Georg Tanner ist Polizist, ist Realist. Dennoch lässt er sich auf die Hinweise ein, die ihm sein magisches Tarot gibt, glaubt ihnen bis zu einem gewissen Grad, denn er hat früher schon gute Erfahrungen mit ihnen gemacht. Aber Tanner ist kein Tarot-Kenner. Er lässt sich ganz naiv auf die Karten ein; er kennt auch keine speziellen Legemuster. Er liest aus den figürlichen Darstellungen heraus, was sich ihm spontan darbietet. Das hat oft nicht viel damit zu tun, wie die Tarotkarten von den realen Spezialisten gedeutet werden.

Hier kommen noch ein paar Beispiele, wie Tanner die Karten interpretiert, die er zieht. Wer sich dafür interessiert, wie eine professionelle Deutung der Karten lautet, der kann sich z.B. auf der Website von Hajo Banzhaf tummeln oder auf einer anderen der zahlreichen existierenden Tarot-Seiten.

      

Die Hohepriesterin: Eine Frau, umgeben von zahlreichen religiösen und magisch-mythischen Symbolen. Sie macht den Eindruck, sich damit auszukennen. Tanner hingegen hat das Gefühl, dass er sich mit seinem Tarot nicht mehr auskennt und deutet diese Karte als Hinweis darauf, sich fachlich beraten zu lassen.

Der Eremit: Tanner versteht diese Karte, als einen Hinweis auf seine eigene zurückgezogene Lebensweise, die er seit dem Tod seiner Freudin führt. Und somit als Hinweis, dies zu ändern.

Der Teufel: Auf der Suche nach dem Täter in Kaffeeklatsch zieht Tanner diese Karte, was er als etwas billigen Hinweis der Karten deutet. Der Täter ist ein Teufel? Na klar...